Archiv für den Monat Februar 2019

Biike 2019

Donnerstag, 21. Februar 2019

Es sind bestimmte Geräusche, die mich daran erinnern, dass der Biikefeuerabend auf Hallig Gröde kurz bevor steht. Die Säge in der Hand des Sägenden zieht rhythmisch ihre Spur durch das Holz des Astes, ritsch und ratsch und tief und tiefer, mit jedem Zug und jedem Stoß, wieder und wieder, bis der Ast sich seufzend neigt — dann knackt. Lautlos rieselt Späne hinab. Das Blut pulst in den Ohren des Sägenden und sein Atem fährt böig hinaus in den frischen Wind.

Das Rascheln und Knicken und Knacken der kleinen Zweige und der großen Äste beim Zusammentragen und beim Forttragen aus dem Garten und beim Aufladen auf den Anhänger. Dasselbe Geräusch, nur etwas lauter und konzentrierter beim Zusammenstauchen derselben auf der Ladefläche des Anhängers, brechendes Krachen eines morschen Holzes. Schmutz rieselt prickelnd von aneinanderklatschenden Handschuhen. Die in schlammigen Stiefeln steckenden Füße schlurfen zurück in den Garten. Seine Handschuhhände greifen erneut Zweige und Äste, seine Arme drücken ein ganzes Bündel knisternd zusammen. Der hinaufgewuchtete Stamm bahnt sich schwergewichtig seinen Weg durch das Gestrüpp und und bleibt mit dumpfem Aufschlag auf den Planken des Anhängers liegen. Das Blut pulst in den Ohren des Arbeitenden und sein Atem fährt böig hinaus in den frischen Wind.

Die rechte nicht mehr behandschuhte Hand rührt mit den Ganghebeln die ölgedämpften Zahnräder mit ihrem technisch metallenen Klacken voneinander im Getriebe des alten Traktors. Ein sanfter Druck seines rechten schlammigen Stiefels übt auf das rostige Gaspedal eine quietschende Bewegung aus – ein zweites Mal – ein drittes Mal, stetig quietschend, bevor seine linke Hand den Starterknopf zieht. Bange Erwartung, dann die Erleichterung: Mit einem Schlag rasten die Zähne des kleinen in die des großen Zahnrads, und laut stöhnend jault der alte Anlasser auf. Gottlob zeigt seine heulende Schwerstarbeit die Rückkehr seiner Lebendigkeit an. Vor ein paar Tagen war er einfach still geblieben, kein aufstöhnendes Aufjaulen. Gut hatte der auf dem alten Traktor sitzende dem alten Anlasser zuzureden versucht, mit sanften Hammerschlägen und rostknirschenden Drehungen an den Verschraubungen. Jetzt hört er freudig dem lustvollen Schwungholen und dem rhythmischen Hinauf- und Hinabschleudern der Kolben zu, bis die harten Dieselexplosionen dem alten Anlasser die Arbeit abnehmen und den engen Traktorschuppen mit tigergleichem Gebrüll erfüllen. „Ja!“ ruft er vor lauter Freude, „Er läuft wieder!“ Ein dumpfer Schlag im Getriebe unter seinem Sitz beim Springenlassen der Kupplung antwortet ihm, dass er jetzt mit dem Ganghebel rührend ölgedämpft das Rückwärtsgangzahnrad einschieben kann, bevor der alte rostgrüne Deutz sich in Bewegung setzt. Gummiknirschend mahlen die Reifen über den Beton bis vor den Anhänger. Wuchten der Deichsel ins Zugmaul, und metallklirrend fällt der Zugbolzen ins Loch. Das Blut pulst in den Ohren des Wuchtenden und sein Atem fährt böig hinaus in den frischen Wind.

Die Stille vor dem Feuer. Dann das Wispern der kleinen Flammen, die schnell zu zischen beginnen inmitten des nassen Holzes. Wie flatternde Fahnen tuscheln sie immer lustiger und lebendiger, bis die Biike mit knisternder Wärme vollends brennt, bis die Flammenberge stürmisch brüllend ihre Lebenslust in den Himmel rufen, bis sie die lachenden Gesichter vergolden, die sprechenden Lippen, die schmatzenden Schmalzbrotlippen und die Hände um die Becher mit dampfendem Glühwein. Das Blut pulst in den Ohren der Vergoldeten und ihr Atem fährt böig hinaus in den frischen Wind.