Archiv für den Monat Oktober 2017

Herwart & Nico

Montag, 30. Oktober 2017

Herwart hieß das Wochenend-Sturmtief, dass mit seinem scharfen Nordwest nicht nur die Feuerwehren im Norden auf Trab hielt, sondern uns Gröder Bewohnern und Gästen auch eine heulende Nacht lang den Schlaf raubte. Was für ein Glück, dass die Nacht eine Stunde länger dauerte, und ich beim letzten Aufwachen um neun freudig feststellen durfte, dass es gerade erst acht war: Zeitumstellung zur richtigen Zeit in die richtige Richtung hat doch was beruhigendes. Und am Sonntag Abend konnte ich dann ganz entspannt eine Stunde früher ins Bett gehen und den davongestürmten Schlaf der Herwartsnacht wieder einfangen. Sturmschäden gab es kaum bei uns, haben wir wieder Glück gehabt. Auch das Hochwasser am Morgen war nicht so richtig hoch, Landunter zwar, aber wegen des scharfen Nordwests nur eben 120cm. Die unruhige Nacht löste ein wunderschöner Sonntag ab: Sonnig und windig, was Luzi und ich ausgiebig genossen haben.

Herwart war der erste Sturm für Nico auf Gröde. Nico Niedlich ist unser diesjähriger Schafbock, getauft auf diesen lustigen Namen von Hanna und Lilly. Vielleicht hat Herwart Nico beflügelt, denn innerhalb von drei Tagen zwölf Schafdamen in glückliche Umstände bringen, das ist auch irgendwie stürmisch.
Haben sie etwas gemeinsam, Herwart & Nico.
Herzliche Grüße, Jürgen.

Wie Sommerstrand in Südfrankreich: Südgröde am Sonntag nach Herwart.

Treib gut

Samstag, 14. Oktober 2017

Viele Landunter in den letzten zwei Wochen. Viel Treibgut auf den Gröder Salzwiesen, an den Warften und Sommerdeichen. Unmengen alten Grases, abgebrochene, vertrocknete Halme, Stöcker, Pfähle, Stücke von Brettern, und dazwischen bunte Flecken: Plastik in allen Formen und Farben. Über viele Teile könnte man einfach den Kopf schütteln. Manches Treibgut entlockt mir ein Schmunzeln — der Schnuller zum Beispiel. Sein Verlust hat möglicherweise ein Sommerdrama am Nordseestrand ausgelöst, verzweifeltes Schluchzen in den Ohren urlaubsreifer Eltern voller Sehnsucht nach Ruhe und Harmonie …
Die Universität Oldenburg untersucht seit einiger Zeit die Treibwege der Plastikteile und hat viele Hölzchen mit Seriennummern in die Nordsee gegeben, sog. Drifter. Diese treiben auch auf Gröde an. Auf einer Internetseite kann man die Reisen der gemeldeten Drifter verfolgen: www.macroplastics.de

Wen diese weltlichen Gegenstände menschlicher Neugier nicht interessieren, mag sich im Anblick der herbstschnell ziehenden Wolken verlieren oder mit dem beruhigenden Rauschen der Wellen treiben lassen. Parallelverschiebung in eine andere Welt, die eigene, die innere, die zu Wort kommt, wenn man die äußere losgelassen hat, wenn das Rauschen der Wellen mit dem Rauschen der Gedanken verschmilzt. Leise meldet sich diese Welt, wahrnehmbar erst jetzt, bruchstückhaftes Treiben und Strudeln wahrheitsnaher Kopfbilder, wärmende Ströme aus dem Herzen, die mit der Zeit deutlicher werden, bis Du gemurmelte Worte dem Wind anvertraust, ihm allein — Du mit ihm allein. Du nimmst den Bogen Papier. Du schreibst Deine gemurmelten Worte darauf. Du rollst den Bogen sorgfältig und suchst Dir ein paar lange Grashalme, ihn damit zu umwickeln. Du schiebst die Rolle in die Flasche, die Du gut verschließt, damit Deine Worte den richtigen Menschen erreichen und nicht ertrinken. Mit einer weiten, schnellen Armbewegung und einem befreienden Schrei wirfst Du die Flasche weit hinaus aufs Meer.
Treib gut meine Liebe!